Hier melden sich die Erwachsenen zu Wort und schildern, wie sie das Projekt SCHULWERK aus ihrer Sicht erleben und was die Freuden und die Tücken sind.
Am Mittwoch fand jeweils der Backclub statt. Meine Aufgabe war es, dort ein Auge drauf zu haben. In der ersten Woche fand ich, die Kids waren ungenügend vorbereitet. Es lief nicht alles optimal und am Ende des Clubs, war ich hin- und hergerissen, ob ich den Mädels (ungefragt) eine Rückmeldung geben soll, was ich mir noch wünschen würde für eine zweite Durchführung. Ich habe mich dann zurückgehalten, ich wollte ihnen die Gelegenheit geben, selber Schlüsse zu ziehen, zu reflektieren. Und mit etwas Abstand habe ich mich dann auch gefragt, ob diese Ansprüche, die ich noch hätte, wirklich wichtig sind. Denn die Teilnehmer*innen waren gut dabei, hatten nichts zu mäkeln, hatten Freude am Backen und die Kuchen waren am Ende ja da. Eine Woche später habe ich dann gemerkt, dass es vermutlich sinnvoll gewesen wäre, mit den Mädchen nach der ersten Ausführung zu reden. Denn die Durchführung des Backclubs entsprach noch weniger meinen Erwartungen als eine Woche zu vor. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Wie sollen wir die Kids unterstützen? Wie sehr sollen wir ihnen bei der Reflexion helfen und ihnen unsere Erwartungen aufdrücken? Müssen sie den Backclub so durchführen, dass er unseren Erwartungen entspricht? Lernen sie etwas daraus, wenn wir sie scheitern lassen und wie sehr müssen wir sie scheitern lassen, damit es einen Lerneffekt gibt? Oder würden sie mehr lernen, wenn wir sie von Anfang an begleiten würden, wenn wir ihnen zeigen würden, wie man einen Backclub vorbereitet? Kurz: Wie geht lernen am besten? Eine Frage, die wir uns im Team immer wieder stellen.
Heute war die dritte Backclub-Veranstaltung, sie war auch ungenügend vorbereitet Als ich dann zusammen mit einer der beiden Leiterinnen die Kuchen aus den Formen gelöst habe, hat sie zu mir gesagt: «Das ist unser Fehler, wir waren nicht gut vorbereitet, es hat schon am Morgen damit angefangen, dass wir die Backformen vergessen haben.» Diese Rückmeldung, die ich bekam, ohne danach zu fragen, war sehr hilfreich für mich. Es zeigte mir, dass diese Jugendliche ihr Tun reflektiert. Bei ihr war offenbar ein Lernmoment entstanden. Sie übernahm Verantwortung für ihr Handeln.
Wie schön wäre es, wenn wir öfter solche direkten Informationen darüber bekämen, was in den Hirnen der Lernenden abgeht. Denn leider können wir ja dort nicht hineinschauen.
Das Schulwerk ist für mich eine sehr spannende Erfahrung. Es wirft viele Fragen auf, bringt unterschiedliche Glaubenssätze zum Vorschein und wirbelt unseren sehr strukturierten und gesetzten Betrieb auf. Dies ist meiner Ansicht nach eine wunderbare Vorlage für Grundsatzdiskussionen und ein fruchtbarer Boden für Veränderungen. So, wie wir es uns gewünscht haben. Auch wenn es, wie so oft, wenn man mitten im Prozess steckt, sehr anstrengend ist.
Olivia Gasser - 5. April 2023
Im Spielraum ist es laut. Kinder spielen und die jugenldiche Lernbegleiterin arbeitet an ihrem Bewerbungsdossier. Der Gaming-Raum ist meistens leer, wenn ich daran vorbeigehe. Der Konzentrationsraum ist kein beliebter Ort, um zu arbeiten, stattdessen verteilen sich die Kinder auf Räume, die sonst ungenutzt wären. In Gruppen oder allein arbeiten sie an ihren Pendenzen und Kompetenzen. Manchmal sitzen sie auch einfach nur zusammen und diskutieren über das, was sie gerade so beschäftigt. Die Kinder der Basisstufe sind in beiden Gebäuden anzutreffen. In ihren Gesichtern sieht man den Stolz, bei den Grossen zu sein. Auch wenn sie schon nach kurzer Zeit wieder aus dem Chill-Raum gehen, wollen sie dieses Angebot doch nutzen. Der Tier-Raum ist kuschelig eingerichtet und auch hier mischen sich die Stufen von den Grössten bis zu den Kleinsten.
Die Zeit im Schulwerk vergeht wie im Flug. Schon bald beginnen die Osterferien, das wenige «Normale» an dieser Schule sind die Schulzeiten. Von so einem Projekt, wie es das SCHULWERK ist, habe ich bisher nur zu träumen gewagt und nun darf ich es miterleben. Meine schlimmsten Befürchtungen und auch meine heimlichen Wünsche sind eingetroffen. Ich sehe Kinder, die aufblühen und ich sehe Kinder, die sich, wie es scheint, gehen lassen. Immer wieder ertappe ich mich dabei, mich auf den Abschluss der Lernwelt zu freuen und dass nun wieder mehr «Schulisches» gemacht würde. Dann wieder der sehnsüchtige Wunsch, dass es noch ein paar Monate weitergehen sollte. Je nachdem, welche Situation ich gerade angetroffen habe.
Die Kinder leben im «Jetzt» und sie nehmen die Tage, wie sie kommen. Vorauszuschauen, abzuschätzen, was kommen wird und was es für sie bedeutet, ist für sie nur schwer möglich. Als Erwachsene mit meinem Erfahrungsschatz, kann ich mich nur schwer auf das «Jetzt» einlassen und stelle mir ständig die Frage, wie denn die «Zukunft» in dieser SCHULWERK Form aussehen würde.
Der Blick in die Kristallkugel wäre da sehr hilfreich, denn ich wüsste wirklich gerne, ob sich auf die Dauer das Aufblühen und «Sich-gehen-lassen» bei den einzelnen Kindern in eine Balance kommen, oder sich eines davon durchsetzen würde.
Andrea Nager - 4. April 2023
Um neue Fähigkeiten zu erlernen, sind Wiederholung und Reflexion grundlegend. In unserem SCHULWERK haben die Schülerinnen und Schüler viele Aufgaben übernommen, für die sie noch nicht kompetent sind. Die Erwachsenen mussten lernen, zu akzeptieren, dass die Standards, die wir für diese Dinge haben, oft nicht erfüllt werden. Das war manchmal schwer auszuhalten. Ab und zu haben wir uns eingemischt, weil wir Angst hatten, unsere Schüler scheitern zu lassen, oder weil wir befürchteten, dass sich ihr Scheitern auf die Gruppendynamik oder die einzelnen Mitglieder der Gruppe negativ auswirken würde. Wir Erwachsenen haben gelernt, dass es eine Notwendigkeit ist, die Schüler stolpern und manchmal scheitern zu lassen, darüber zu reflektieren und dann die Tätigkeiten ein zweites mal ausführen zu lassen, wenn wir wollen, dass unsere Schüler*innen die Kompetenzen für sich selbst erwerben.
Es ist zum Beispiel schwer, die Unpünktlichkeit, die mangelnde Klarheit und die fehlende Führung zu vergessen, die in der ersten Woche des Morgenkreises gezeigt wurden, als alle Schüler im Alter von 4 bis 16 Jahren zusammenkamen, um die Aktivitäten des Tages zu besprechen und gemeinsam ein Lied zu singen oder ein Spiel zu spielen.
Am allerersten Tag unseres SCHULWERKs war die Idee, gemeinsam ein Lied zu singen, das normalerweise von einem Tanz begleitet wird. Das war katastrophal. Es herrschte keine gute Stimmung, der Rhythmus war gestört, der Tanz kam nicht zustande und die Band musste noch einmal von vorne anfangen, um das Stück auf die Reihe zu kriegen. Die Erwachsenen konnten ihre Frustration kaum zurückhalten - aber sie taten es. Ein paar Tage später versuchten die Kinder es noch einmal und es war deutlich besser. Ich bin mir sicher, wenn sie es diese Woche ein drittes Mal machen, wird es eine weitere massive Verbesserung geben.
Täglich treffen wir uns am Ende des Morgens in den Stufen für Diskussionen und Reflexion. Die SchülerInnen sprechen über ihre Leistungen als Lernbegeleiter*innen, das Lied selbst sowie andere Herausforderungen bei der Leitung ihres SCHULWERKs. Die Schüler*innen waren sowohl selbstkritisch als auch sich dessen bewusst, was funktionierte. Sie konnten selbst sagen, was sie verbessern wollten, und sie machten sich daran, es zu verbessern.
Die Erwachsenen haben auch gelernt, auf subtilere Weise einzugreifen. Wir haben unsere Fähigkeit verbessert, rechtzeitig Tipps zu geben, indem wir kleine, aber wirksame Hinweise geben, bevor eine Tätigkeit ausgeführt wird. Und indem wir sicherstellen, dass es ein nächstes Mal gibt, machen diese Tipps in Verbindung mit dem Wunsch der Schüler*innen, gut abzuschneiden, einen deutlichen Unterschied in der Leistung.
Zwei Beispiele fallen mir auf, die zeigen, wie wichtig die Wiederholung nach der Reflexion ist. Die altersgemischte Sportstunde in der ersten Woche war von Ineffizienz, mangelndem Respekt und Frustration geprägt. Nach einigen hitzigen Diskussionen und hilfreichen Tipps zur Vorbereitung war die Basis für eine erfolgreichere Sportstunde gelegt. Die zweite Montags-Sportstunde zeichnete sich durch mehr Effizienz (hier ist noch einiges zu tun), Respekt und Rücksichtnahme und Spass aus. Die Schülergruppe war fast identisch, aber das Gruppenverhalten und die Art und Weise, wie der Sport durchgeführt wurde, waren besser.
In der ersten Woche stellten sich unsere Bäckerinnen der Herausforderung, mit einem Haufen eifriger Kinder drei Obststreusel zu backen. Die Kuchen sahen toll aus, kamen aber eine halbe Stunde zu spät, um am Mittwoch beim Znüni gegessen zu werden. Zudem waren sie nur halb durchgebacken, was den Mädchen erst am nächsten Morgen auffiel, als Sabine einen anschnitt, um zu sehen, wie sie aussahen. Dank der Rettungsarbeit von Sabine konnten sie zwar gegessen werden, aber die Mädchen servierten den Schüler*innen dann am Freitag nur einen der drei Kuchen zum Znüni. Nun, es genügt zu sagen, dass wir die Kuchen am Montag immer noch gegessen haben. Dann kam ihr zweiter Versuch, Lava Cakes am Mittwoch. Perfekt gebacken, 10 Minuten vor dem Morgenkaffee fertig und mit viel schokoladigem Lächeln. Durch Reflexion und Wiederholung konnten diese Mädchen Erfolgserlebnisse haben - umso süsser, wenn man bedenkt, dass sie ursprünglich scheiterten.
Diese Beispiele machen für mich deutlich, wie wichtig es ist, den Schülern die Möglichkeit zu geben, zu scheitern, zu reflektieren und die Situation zu verbessern. Etwas einmal zu tun, ist für das Lernen so gut, wie es nie getan zu haben. Diese Wahrheit hat sich in der Praxis der diesjährigen Lernwelt Schulwerk vielfach bestätigt.
Robin Denver - 3. April 2023
Das Schulwerk ist so konzipiert, dass die Räume kein Alter kennen. Dies bedeutet eine Altersdurchmischung von 5-16 Jahren von Montag bis Freitag von Morgen bis Abend. Es ist wunderbar mitanzusehen, wie die grösseren gegenüber den kleineren Kindern Verantwortung übernehmen.
Beispielsweise kümmert sich der 14-jährige Matteo fast täglich darum, dass der 5-jährige Nelio, der sein Fuss gebrochen hat, von A nach B kommt. Ihm ist es zudem wichtig, dass ihm gerufen wird, wenn Nelio den Raum wieder verlassen will. In einem anderen Beispiel befindet sich Bianca (7 Jahre) im Tierraum mit fünf Oberstüflern, drei davon sitzen neben Bianca auf der Matratze und schauen sich ein Buch an. Dann geht Miron mmit ihr ins Gespräch: «Darf ich bei dir mitschauen?» Bianca nickt und beginnt vom Igel zu erzählen, den sie sich gerade im Buch ansehen. Als Mauro (15 Jahre) in der Basisstufe Lernbegleiter war, schaute er, dass alle Kinder ihre Jacken zu haben. Draussen war es nämlich echt kalt. Eine Aussage von einem Oberstüfler hat mich extrem gefreut: «Wir Grossen haben uns extra zurückgehalten im Fussballmatch, sodass die Jüngeren auch eine Chance haben und so Spass daran haben können».
Es ist herrlich mit anzusehen, wie einige ihr eigenes Ego, ihr eigenes Bedürfnis nach Spass, zurückstecken, um anderen Kindern diese Freude zu lassen. «Der Kurs ist uns gelungen, da auch die Kleinen Spass hatten.»
Danke an alle Beteiligten im Schulwerk, für ihre Führsorge gegenüber den anderen.
Sonja Müller, 31. März 2023
Im Schulwerk, gibt es laut Beschluss des Schulrates auch einen Raum eigens fürs Gaming. Ich als Lernbegleiter mit lebenslanger Gamingerfahrung durfte die Begleitung der zuständigen Kinder und Jugendlichen übernehmen.
Grundsätzlich bin ich kein Freund des Gamens im jungen Alter, auch aufgrund schlechter eigener Erfahrungen und schlechter Erfahrungen im eigenen Umfeld. Ich game heute noch, wenn ich neben meiner Arbeit und der Verantwortung in der Familie mit zwei kleinen Kindern noch Zeit finde. Ich merke aber, dass ich in meiner jetzigen Lebenssituation anders an das Thema Gamen herangehe. Man könnte sagen, dass ich durch das Vatersein eine neue Perspektive zum Thema Gamen hinzugewonnen habe.
Die Organisation des Gamingraums wurde von zwei Mittelstüflerinnen und einem Oberstüfler übernommen. Vor allem die Mädchen waren motiviert, den Raum nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Es war ihnen wichtig, den Raum abzudunkeln und mit Lichterketten und ähnlichem zu behängen. Sie wollten auch das Lüften in das Regelwerk übernehmen, dies sollte alle 30 min. passieren.
Apropos Regelwerk: Die verantwortlichen Kinder und Jugendlichen waren sehr streng, als sie bestimmten, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln im Gamingraum hält. So sollte ein Kind, das sich nicht an die Regeln hält, sofort aus dem Gamingraum verbannt werden. Wir haben dann gemeinsam versucht, positiv formulierte Regeln zu erstellen. Eine Liste, in die man sich eintragen konnte, wurde von dem zuständigen Oberstüfler erstellt. Die Gesamtzeit, die ein Kind beim Gamen verbringen darf, beträgt 4 Stunden. Weiters darf ein Kind maximal 1 Stunde am Stück und 2 Stunden in der Woche gamen.
Bei der Auswahl der Games war ich überrascht, wieviel überlegte und passende Vorschläge von den Verantwortlichen kam. Sie hatten ein gutes Repertoire an herausfordernden, spannenden und für die Altersgruppe geeigneten Spiele vorzuweisen.
Die ersten Aha-Momente, die ich als Beobachter im Schulwerk in Bezug auf den Gamingraum gemacht habe, waren die wenigen Eintragungen vor Beginn des Schulwerks. Gerade mal 6 Kinder haben sich im Vorfeld einen Platz im Raum reserviert, jeweils für eine halbe Stunde. Wenn man davon ausgeht, dass der Gaming-Raum in diesen drei Wochen insgesamt ca. 180 Stunden (6 Plätze à 30 Stunden) geöffnet ist, dann ist das eine Auslastung von 1.7 %. Interessant.
Am ersten Tag des Schulwerks hat sich jedoch gezeigt, dass Gamen für die Kinder und Jugendlichen vor allem spontan abläuft. Der Raum war durchwegs gut besetzt. Einige Kinder haben sogar die Öffnungszeiten am Nachmittag ausgedehnt und sind 15 Minuten früher rein. Der Eintrag in die Liste erfolgte aber verlässlich.
Es ist auch zu beobachten, dass die Anwenderkompetenzen nicht annähernd so fortgeschritten sind, wie ich das im Vorfeld eingeschätzt hatte. Viele Kinder wissen nicht, wie die Playstation zu steuern ist, sogar Kinder, die zuhause ein neueres Modell haben. Ich habe den Kindern zugetraut, dass sie die Hardware auch ohne Anleitung schnell im Griff haben.
Jedoch waren die Kinder, die den Gamingraum betreuten und auch die Kinder, die in der Lernbegleitung eingeteilt waren, sehr hilfreich. Sie zeigten bereitwillig, wie die Geräte zu bedienen sind.
Zusammenfassend gesagt decken sich die Befürchtungen, die ich im Vorfeld hatte, nicht mit den gemachten Erfahrungen. Gamen ist für die Kinder und Jugendlichen vor allem ein willkommener Zeitvertreib, wenn sie nichts anderes zu tun haben. Sind spannende Kurse oder Clubs im Angebot, wählen sie zuerst die Aktivität mit anderen, nur vereinzelt waren Kinder oder Jugendliche aus Langeweile im Gamingraum. Spannend war es auch zu sehen, dass vor allem der soziale Kontext, also das gemeinsame Gamen mit anderen Kindern (egal ob gleichaltrige oder nicht) im Vordergrund stand. Kaum ein Kind sass allein im Gamingraum.
Ich würde das Gamen aber nicht als Option für den «normalen» Schulbetrieb in Erwägung ziehen, da es sicher geeignetere und gesündere Methoden gibt, in Kontakt mit anderen Kindern zu treten.
Benni Herb, 27. März 2023
Neu bedeutet: erst seit kurzem bestehend, anders als früher, Vorangegangenes ersetzen, nicht abgenutzt. All diese Erläuterungen treffen für mich Neuankömmling seit August sowieso zu. Vieles ist für mich neu, aber nicht alles. Aber von abgenutzt kann noch lange nicht die Rede sein. Und Nichtsdestotrotz macht der März nochmals komplett alles neu für mich.
Das Zusammenspiel der verschiedenen Teilnehmenden und ihre Funktionen wurden für das Schulwerk komplett fallengelassen. Die Schüler*innen wollen ihre eigene Schule, wo sie bestimmen, was sie machen. Dies bedeutet neue Pflichten, neue Regeln, neues Angebot, neue Aufgaben, neue Leute und alles auf einmal! Das kann man sich gar nicht alles merken, ich jedenfalls nicht. Muss ich auch nicht, weil die Kinder die Schule führen.
Für mich wird immer stärker spürbar, wie die Lernenden die Sache selbst an die Hand nehmen wollen. Sie wollen möglichst wenig von den Erwachsenen wahrnehmen und ihre Schule selbst gestalten. Die Lernenden nahmen das Konzept sehr ernst, haben sich gut vorbereitet.
In den ersten Tagen merkten sie schnell, dass Verantwortung übernehmen mehr beinhaltet, als sie tagtäglich von den erwachsenen Vorbildern sehen. Listen müssen vorbereitet, Informationen geholt, bzw. ausgetauscht sein. Und trotzdem wird es als neugeborene junge Lernbegleitende schwierig, wenn man das erste Mal von seinen Freunden ein anderes Verhalten verlangen oder sich gegen sie durchsetzen muss. Sie merken, dass Verantwortung übernehmen mehr ist als das, was man von seinen erwachsenen Vorbildern sieht.
Und was «tun» wir Erwachsenen? Wir beobachten, aber sollen nur bedingt eingreifen. Wir behalten eine Restverantwortung, aber sollen uns nicht einmischen. Neu treffe ich nicht Entscheidungen für die Kinder und repräsentiere die Haltung der Schule, sondern ich muss mich an der Nase nehmen und jede Intervention abwägen: Kann und muss das ein Erwachsener sagen/machen? Wie man diese Frage beantwortet, ist im Erwachsenen-Team noch individuell. Dank den Feedbacks unserer Lernenden, werden wir uns aber immer einiger.
Auch im Schulwerk müssen die Teilnehmenden den Balanceakt zwischen Zurückhaltung und Engagement meistern. Das Schöne ist: Wir Erwachsenen müssen dies nicht mehr allein tun. Wir haben Unterstützung von unseren Schüler*innen, die mitdenken und sich engagieren. Und wir alle dürfen uns bei vielen kleinen oder auch grösseren Lernmomenten mitfreuen. Und wie Molière mal so schön gesagt hat: «Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.»
Melanie Pichler, 24. März 2023
Als Lernbegleiterin der Mittelstufe bin ich es gewohnt, viele Projekte und Arbeiten der Kinder sowie die Kinder selbst zu coachen. Was in den letzten zwei Vorbereitungswochen passierte, unterschied sich doch in einem wesentlichen Punkt. Die Kinder waren alle mit einer riesigen Intensität am Arbeiten, denn die Kurse finden ja bald statt und wollen gut vorbereitet sein. Es ist für die Kursleiter zum Beispiel sehr wichtig, wer alles ein Minenbleistift für den Zeichnungskurs hat, oder was man machen kann, wenn nicht jedes Kind einen eigenen Fussball fürs Fussballgolf hat, usw.
Ich genoss es zu unterstützen und zu helfen. Nun bin gespannt, wie das für mich während den drei Wochen Schulwerk sein wird, wenn wir Erwachsene uns so fest wie möglich im Hintergrund halten müssen und die Kinder und Jugendliche unsere Aufgabe als Lernbegleitende übernehmen werden.
Als ich die Homepage durchstöberte, fiel ich wie aus allen Wolken. Genial, was da alles zusammengekommen ist. Ich bin überwältigt, wie vielfältig das Angebot ist! Herzlichen Dank an alle, die da mitgearbeitet haben.
Yvonne Odermatt, 17. März 2023
Als Lernbegleitende der Basisstufe haben wir in den letzten Wochen unsere Jüngsten auf die Lernwelt SCHULWERK vorbereitet. Dabei war unsere Hauptaufgabe ihnen aufzuzeigen, was in den nächsten Wochen auf sie zukommen wird, sie „gluschtig“ darauf zu machen und ihnen daraus resultierende „Unsicherheiten“ zu nehmen.
Wir möchten auch den Basisstufenkindern ein positives Erlebnis ermöglichen, an dem sie aktiv teilhaben, mitdiskutieren, Verantwortung übernehmen und Angebote gestalten können, wie z.B. den Tierraum einzurichten, den sie sich so sehr gewünscht haben. Auch bei den Jüngsten sind immer wieder interessante Diskussionen entstanden, wie zum Beispiel ob es Tierquälerei wäre, wenn Kinder ihre Haustiere mit in die Schule nehmen würde.
Ich bin sehr gespannt was da auf uns zukommt. Wenn ich in den letzten Wochen jeweils gehört habe, was die Schulleitung bzw. der Schulrat beschlossen oder sich vorgenommen hat, dann habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie mir ganz viele Gedanken durch den Kopf gegangen sind; was die Schwierigkeiten sein werden, was passieren könnte oder passieren wird oder ob sie dabei an die Jüngsten der Schule gedacht haben.
Loslassen und doch zur Seite stehen. Im Notfall eingreifen und sich wieder rausnehmen. Positive Erlebnisse ermöglichen und Überforderungen verhindern. Das wird spannend und herausfordernd.
Ich freu mich darauf!
Sebi Lambelet, 13. März 23
Die Studierenden des Intrinsic Campus in Zürich beginnen das neue Semester für gewöhnlich mit einem Offsite-Anlass. Diesmal waren sie vier Tage an der GrundacherSchule, wovon einer den Haltungen und Arbeitsweisen der GrundacherSchule gewidmet war.
Ein Grund, warum die Intrinsic-Leute zu uns gekommen sind, ist unsere Lernwelt SCHULWERK. Damit sie dieses Projekt kennenlernen konnten, kamen am letzten Feriensamstag acht Vertreter und Vertreterinnen des Schulrats für mehrere Stunden vorbei und erklärten das Konzept, das weitere Vorgehen und ihren Arbeitsprozess.
Dabei wurden spannende Fragen gestellt, bspw. ob die Kinder den überhaupt in der Lage seien, sich Schule anders zu denken als sie es sich gewohnt sind. Die Antwort darauf kam schnell und klar von Schulleiter Finn: «Das war zu Beginn wirklich schwierig. Am besten ist das den Kleinsten aus der Basisstufe gelungen.»
Nach der grossen Runde im Plenum machten sich die Schulräte in kleinen, gemischten Gruppen auf den Weg und führten die neugierigen Besucher durch die Räume. Dabei erklärten sie die Hilfsmittel, die wir für die Entwicklung des SCHULWERKS genutzt haben und die überall aufgehängt sind, sie erzählten von den anfänglichen Schwierigkeiten mit den Sitzungen, die zu wenig produktiv waren, von den langen Diskussionen über die Handynutzung oder das Gamen und vieles mehr.
Die Intrinsic-Leute lobten in der Schlussrunde die jungen Schulräte und -rätinnen sehr. Sie waren nicht nur erstaunt über die Kompetenz, mit der sie Auskunft geben konnten, sondern auch über die Begeisterung für das Projekt, die deutlich spürbar war.
Victor Steiner, 9. März 2023
SCHULWERK heisst die Schule, die die Grundikids im März für drei Wochen führen werden. Der Name leitet sich vom Begriff Schuhwerk ab. Er symbolisiert, dass die Kids miteinander vorwärts gehen, um gemeinsam ein Werk entstehen zu lassen. Wie schön!
Wir waren erstaunt und erfreut, dass 24 von 62 Kindern aus allen Stufen im Schulrat mit dabei sein wollten, um ein Konzept zu erarbeiten, mitzureden und mitzugestalten. Es wurden Tagesabläufe, Strukturen, Regeln und Aktivitäten diskutiert, die es an dieser Schule geben soll, mal chaotisch, mal strukturiert und immer mit viel Engagement.
Interessant ist, wie schwierig es auch für Kinder und Jugendliche ist, Schule ganz neu zu denken. Sie kommen immer wieder auf die alten Strukturen zurück. Es geht ihnen also nicht anders als vielen erwachsenen Akteur*innen aus dem Schulumfeld.
Wir mussten dem Schulrat immer versichern, dass wirklich alles erlaubt ist, so lange es nicht die Gesundheit gefährdet, nicht gegen das Gesetz verstösst und niemand zu Schaden kommt. Immer wieder forderten wir die Kids auf, «out oft the Box» zu denken und so wurden sie von Sitzung zu Sitzung mutiger.
Wir Erwachsenen beobachten das Geschehen von aussen, mischen uns so wenig wie möglich ein und coachen wo nötig. Die grösste Herausforderung für uns ist es, die Kinder machen zu lassen, auch wenn wir sehen, dass ihre Ideen wahrscheinlich nicht funktionieren werden oder wenn absehbar ist, dass es chaotisch wird.
Wo greifen wir ein, damit ein Gelingen möglich wird, wo halten wir uns zurück, dass auch das Scheitern und schwierige Erfahrungen Platz haben? Das ist momentan unsere Challenge, die wir gerne annehmen.
Wir erhoffen uns sehr, dass dieses Experiment einiges zur Schulentwicklung der GrundacherSchule beitragen wird und wir Elemente des SCHULWERKES in die GrundacherSchule transferieren können. Wir sind gespannt und freuen uns auf diese Herausforderung.
Karin Anderhalden, 6. März 2023